Der nachfolgende Bericht stammt von Engelbert Over aus Mülheim und wurde in der Vereinszeitschrift „Libelle“ im Jahre 1982, zum 50. Jubiläum, veröffentlicht:
„Ich war 1931 zusammen mit Arnold Flues im gleichen Lehrgang in Rossitten, wo wir beide unsere C-Prüfung flogen. Wir hatten danach losen Kontakt und so erfuhr ich, dass er sich zusammen mit einigen Freunden, die er für den Segelflug begeistern konnte, einen „Zögling“ baute. Als er bald fertig war, bat er mich, für die ersten Anfänge die Unterstützung unseres Vereins zu erwirken. Erich Böttcher und unser alter Fluglehrer Wilhelm Weirauch organisierten zusammen mit Arnold Flues alles Nötige und so fuhren wir ca. 10 Tage vor Pfingsten mit einer „Mayer I“ und einem verkleideten Zögling und Startseilen nach Stockhausen, wo Arnold Flues wohnte. Wir wurden in Privatquartieren untergebracht. Ich war zusammen mit Hans Thölke bei Herrn Wiese in Stockhausen zu Gast.
Arnold flog an den nächsten Tagen seinen „Zögling“ ein. Er hatte damals noch kein Startseil und deshalb brauchte er uns dazu. Am Sonntag vor Pfingsten wurde der „Zögling“ von Arnold an einem Hang bei Wennemen getauft. Anschließend machte er den ersten Flug damit ins Tal. Wir machten noch einige Flüge vor vielen Zuschauern und abends feierten wir zusammen mit Freunden und den Wennemener Feuerwehrmännern, die uns tatkräftig bei der Absperrung und Flugzeugtransport geholfen hatten, feuchtfröhlich und ausdauernd.
Am nächsten Tag zogen wir um nach Schüren, reichlich versorgt mit Verpflegung unserer freundlichen Gastgeber. Den herrlichen westfälischen Schinken der Frau Wiese werde ich nicht vergessen.In Schüren waren wir alle bei Grewes untergebracht und wurden auch dort bekocht. In der damaligen miesen Zeit hatte ja keiner von uns Geld. In Schüren schulten wir die ganze Woche und es wurden auch von dortigen „Anfängern“ A-Prüfungen geflogen.
Arnold Flues hatte in der näheren Umgebung von Meschede einige Hänge ausgesucht, wo man je nach Windrichtung und Stärke hangsegeln konnte. An einem dieser Hänge sollte am Pfingstsonntag gesegelt werden, wenn der Wind es zuließ. Pfingstsonntag früh brachen wir in Schüren auf und fuhren mit nur einem Flugzeug auf dem Hänger nach Meschede. Unsere „Mayer I“ war in Schüren leicht beschädigt worden. Der Wind war günstig für den Vogelsang bei Löttmaringhausen. Die Zeitung hatte über unser Vorhaben berichtet. Wir konnten nur nicht angeben wo. Wir hatten deshalb auf beide Seiten unseres Hängers große Plakate gemacht, mit der Aufschrift „Flugtag am Vogelsang“. Damit fuhren wir in Meschede hin und her und hielten lange vor der Kirche. Wir hatten Erfolg damit. Schon am Vormittag trafen die ersten Schaulustigen ein und am Nachmittag wurden es mehr und mehr. Ich machte 3 Starts dort von 5, 8 und 12 Minuten. Warum ich als Einziger dort startete, ist ganz einfach zu erklären. Ich hatte im Februar 1932 am Auberg in Mülheim/Ruhr einige Segelflüge gemacht. Darunter den ersten Stundenflug. Man hielt mich für ein Ass. Dabei hatte ich nur viel Glück gehabt und den Stundenflug schaffte ich nur, weil ich viel Angst vor der Landung in schwierigem Gelände hatte. Dann machte ich den ersten Start am Vogelsang und weil alles gut ging, wollte man kein Risiko mehr eingehen, um die Zuschauer am Nachmittag nicht zu enttäuschen. Beim letzten Flug, er sollte eine Stunde dauern, war aber der Wind nicht mehr stark genug und ich soff nach 12 Minuten ab. Jetzt fehlten uns die Wennemener Feuerwehrleute. Mein vorgesehenes Landegelände war von Zuschauern blockiert, die die Landung aus unmittelbarer Nähe sehen wollten. Ich landete mit Rückenwind hangaufwärts und erwischte ein Getreidefeld, das frei von Zuschauern war. Die Spanndrähte verfingen sich im Getreide und ich machte einen Überschlag. Damit war unsere Sauerlandexpedition zu Ende. Durch den frühen Tod von Arnold Flues ging dann jeder weitere Kontakt verloren.“