Mein erster Start im Jahr 1968

von Bodo Kirtz

In den 1960er Jahren zog es meine Eltern und ihren Nachwuchs häufig an den Wochenenden zum Flugplatz nach Schüren. Der Flugplatz, das war eine große Wiese, im Norden beginnend am Osenberg, wo dieser in den Märchenwald übergeht, puckelig, mit einer gewaltigen Senke in der Mitte und am anderen Ende mit dem bekannten Bruchsteingebäude, der alten Segelflughalle und dem Gebäude in dem sich heute der Fliegerklub Milan befindet. Vor der Flugschule war eine breite Treppe, die weit sichtbar nach unten führte, ins Tal.
Auf dem Flugplatz war Segelflug, aber auch Motorflug, unter anderem mit einem Tiger Moth Doppeldecker. An dem Schulgebäude befand sich am östlichen Ende ein großes C, was schon von weitem anzeigte, dass hier die „Luftaufsicht“ residiert. Für mich als Kind war bemerkenswert, dass im Nachbarraum Eis verkauft wurde.
1968 war ich ein stinkfauler vierzehnjähriger Gymnasiast. Mein Vater Theo hatte immer den Traum zu fliegen. Damit der Junge nicht auf Abwege gerät, 1968 war die Zeit der Hippies und Studentenunruhen, wurde beschlossen, dass der Sohn das Fliegen anfängt.
Vor dem ersten Start müssen Formalitäten erledigt werden und dazu gehört auch der Besuch beim Fliegerarzt. In Meschede war Dr. Hecker, ich hoffe der Name ist richtig, auf der Steinstraße, nahe bei Textilhaus Heide, im Bereich des Gasthof Koch, der zuständige Mediziner.
„So, Du willst also Flieger werden?!“ Ich wurde vermessen und beim Gewicht wurde festgestellt, dass ich bestimmt ein Zusatz-Trimmgewicht benötigte. – Schön war die Zeit.
Er drückte mir eine Nierenschale in die Hand und sagte: „Reinpinkeln“ und „stell Dich nicht so an!“
Recht schnell war das ersehnte Papier in meiner Hand und ich durfte die Bescheinigung bei Günter Hinkel, dem damaligen Geschäftsführer, in seinem Büro beim Rathaus abgeben.

Am 08.09.1968 beginnt mein Flugbuch mit dem ersten Start in einer KA7 (D-5743) mit Fluglehrer Hugo Malinowski. Am Windenseil geht es in schwindelnde Höhen und nach 3 Minuten ist das Spektakel zu Ende. Holpernd setzt das Flugzeug am Waldrand des Osenberges auf und im abschüssigen Gelände kann die Maschine fast wieder bis zum Start neben dem Feldweg, der von der Straße zum Märchenwald führt, ausrollen.
Kurz zuvor war der erste Bauabschnitt des Verkehrslandeplatzes, mit 650 Meter Asphalt fertig gestellt worden. Die Straße von Enkhausen nach Schüren verlief mitten durch den heutigen Flugplatz und bei jedem Start musste eine Ampelanlage betätigt werden, die es dem Verkehr untersagte, die Straße zwischen Steinbruch und dem Schürener Tal zu benutzen und die Schleppstrecke zu kreuzen.
Fluglehrer Hugo Malinowski betrieb eine Tankstelle in Meschede, ich glaube Shell, im Bereich der heutigen Coventry-Brücke. Später ging er mit seiner Autowerkstatt nach Brilon Thülener Bruch.
Während der Bauphase am Mescheder Platz hatten die Mescheder Segelflieger nach Brilon ausweichen müssen. Horst Kleinsorge, Hubert Urban, Karl Schwermer, Willi Donner, Werner von Rüden, Rolf Hinkel und viele andere gehörten zu meinen Fliegerkameraden.
Neben den Mescheder Fluglehrern Malinowski und Josef Schwefer half auch der Schmallenberger „dicke“ Beckmann, der, zumindest in der Erinnerung, seine 3 Zentner auf die Waage brachte. Ab 1969 kam der Warburger Lehrer Billert als Fluglehrer zum Einsatz.
Am 23.08.1969, knapp ein Jahr nach dem ersten Start, machte ich den ersten 5 Minuten Alleinflug mit der KA7 an der Winde. Ende 1969 wurde der Windenbetrieb eingestellt und 1970 durfte ich im Flugzeugschlepp fast wieder von Vorne beginnen. Im gleichen Jahr noch folgten die F-Schlepp-Berechtigung, die B- und die C-Prüfung und der Umstieg auf die KA8.