Olpe / Drolshagen

Die Fliegerhalle Drolshagen
von Dr. Peter Vitt erschienen in „Südsauerland – Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe“

Am Ende der Gerberstraße in Drolshagen, dort wo diese in das Gewerbegebiet „In der Trift“ abzweigt, ist gleich auf der linken Seite ein größeres Industriegelände, welches der Firma Hailo gehört. Es wird größtenteils von der Firma SCANDI genutzt, deren Geschäftsführer der Drolshagener Paul-Gerhard Hofacker ist. Hailo hatte Gelände und Hallen 2001 von der Firma Eisenwerk Sauerland übernommen, nachdem diese für mehr als 50 Jahre dort ansässig war und Blechteile wie Abfallsammler, Leitern etc. produziert hatte. Hervorgegangen war das Unternehmen aus der Firma Paul Schwarte, einem Unternehmen, das nach dem Ende des II. Weltkrieges Landmaschinen herstellte, während des Krieges aber aufgrund der guten mechanischen Fertigungsmöglichkeiten, Aufschlagzünder für Bomben produzierte. Die Firma Paul Schwarte war der direkte Nachnutzer der Erbauer der Halle, dem Deutschen Luftsportverband.

Die Fliegerhalle in der Trift, im Hintergrund am Herrnscheid, sieht man eine Schneise im Wald, dort starteten die Flieger.
(Stadtarchiv Drolshagen, Fotosammlung Felix Stahlhacke)

Nachdem wir oben die Betrachtung von der Gegenwart rückwärts vorgenommen haben, soll ab jetzt die Gründung des Flugsportvereins Olpe und der Bau der Fliegerhalle chronologisch beschrieben werden.
Im Jahr 1935 stellte der Schuhmachermeister Gustav Stachelscheid bei der Stadtvertretung den Antrag, eine Parzelle am Herrnscheid, mit der Größe von 65 Ar verkaufen zu dürfen, damit das Gelände als Flugplatz genutzt werden kann. Die Fläche war derzeit mit Tännchen bepflanzt, die als Weihnachtsbäume verkauft werden konnten. Ihm war ein Gesamtpreis von 500 RM angeboten worden. In der Sitzung des Stadtrates vom 22.1. 1936 wurde hierzu die einstimmige Genehmigung erteilt. Hier, am steilsten Abhang des Herrnscheids, sollte das Abfluggelände entstehen. Die Gleiter wurden auf den Berg geschafft und mittels eines Gummizuges, der zunächst manuell, später über eine Winde gespannt wurde, in die Luft katapultiert.

Einweihung der im Volksmund „Fliegerhalle“ genannten Anlage, deren offizieller Name „Manfred Freiherr von Richthofen Halle“ war, im Mai 1937.
(Stadtarchiv Drolshagen, Fotosammlung Felix Stahlhacke)

Im März 1936 stellt die Ortsgruppe Olpe des Deutschen Luftsportverbandes den Antrag, auf dem städtischen Bruche in Drolshagen ein Fliegerheim errichten zu dürfen und bat die Stadt um Verlegung einer Wasserleitung bis dorthin. Weiter fragte sie an, ob die Stadt einen Zuschuss zu den Baukosten geben könne. Nachdem die Stadtvertreter am 12. März des Jahres an Ort und Stelle eine Besichtigung vorgenommen hatten, erklärten sie sich zum Bau der Wasserleitung bereit und genehmigten einen Zuschuss von 500 RM zu den Baukosten. Das städtische Grundstück wurde sodann dem Luftsportverband auf 30 Jahre gegen eine Anerkennungsgebühr von 3 RM pro Jahr verpachtet.


Mit dem Schulgleiter 38 vor der Fliegerhalle
(Fotosammlung Rudi Alterauge)

In einer Sitzung der Amtsältesten am 14. Mai 1936 wurde zudem beschlossen, einen Fehlbetrag von 700 RM zur Finanzierung der Segelflughalle zu übernehmen. Hiervon übernahm die Stadtgemeinde 500 RM und die Landgemeinde 200 RM.
In der Ratssitzung am 18. September 1936 wurde über einen weiteren beantragten Zuschuss gesprochen, man war jedoch von Seiten der Stadt der Meinung, dass man genügend Entgegenkommen gezeigt hatte und verwies auf die bisher genehmigten Zuschüsse, dabei sollte es bleiben.
1937 wurde der Deutsche Luftsportverband durch das NSFK – Nationalsozialistisches Deutsches Flieger Korps übernommen, ebenso wie die nunmehr fertiggestellte Fliegerhalle in Drolshagen. Die Flugzeughalle hatte eine Länge von 36 m und eine Breite von 11 m und fasste damit sechs fertig montierte Segelflugzeuge. Zudem bestanden eine geräumige Werkstatt, ein Aufenthaltsraum und ein Büro. Zur Finanzierung des Baus wurden 1.ooo Bausteine im Nennwert von 1 RM verkauft. Die Einweihung der Fliegerhalle erfolgte mit viel Pomp im Mai 1937.

Inbetriebnahme des ersten „Schulgleiters 33“ auf dem Marktplatz Drolshagen
(Stadtarchiv Drolshagen, Fotosammlung Felix Stahlhacke)

Das NSFK war eine paramilitärische Organisation, es wurde am 17. April 1937 durch Führererlass als Rechtsnachfolger des DLV – Deutschen Luftsportverbandes geschaffen. Es war nicht, wie zu vermuten wäre, eine Gliederung der NSDAP, sondern bis zu seiner Auflösung 1945, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das NSFK unterstand unmittelbar dem Reichsluftfahrtminister Hermann Göring und es erhielt seine Haushaltsmittel aus dem Etat des Reichsluftfahrtministeriums. Die Führung des NSFK hatte zunächst der Luftwaffengeneral Friedrich Christiansen, ab 1943 Generaloberst Alfred Keller. Die Mitgliedschaft im NSFK war freiwillig, Mitglieder konnten nicht gleichzeitig des SA (Sturmabteilung), SS (Schutzstaffel) oder NSKK (Nationalsozialistischer Kraftfahrkorps) angehören. Untergliedert war das NFSK in verschiedene Abteilungen, u. a. in die Abteilung Segelflug, Modellbau, Technik, Motorflug und Ballonflug. Vordergründig legte man Wert auf die Ertüchtigung der Jugend und dem Erwecken der Freude am Luftsport. Jedoch sind die wahren Hintergründe aus einem Brief anlässlich des Verkaufs der Bausteine zu erkennen, er schließt mit: „Hoffen wir, dass die jungen A- und B- Piloten bald als Leistungsflieger dem Vaterlande und ihrer Heimat alle Ehre machen.“ In der Tat landeten alle Mitglieder während des II. Weltkrieges bei der Luftwaffe.
Es bestanden 17 regionale Gruppen, wovon die Gruppe Westfalen mit Sitz in Dortmund von Heinrich Sieler geleitet wurde. Leiter der hiesigen Ortsgruppe Olpe mit dem Fluggelände in Drolshagen war anfangs Otto Schürholz, kurz danach der spätere Studienrat Theo Schürholz (Schaures Theodor) aus Drolshagen, der auch zeitweise während der Semesterferien im Fliegerheim wohnte.
Das erste Übungsflugzeug war der Schulgleiter 1933 – SG 33. Man nannte ihn auch „Schädelspalter“ wegen eines Holmes direkt vor dem Kopf des Piloten, der sich oft bei harter Landung Platzwunden am Kopf zuzog. Danach kamen die Schulgleiter 1935 und 1938, genannt „Rutscher“ zum Einsatz. Der SG 38 war der mit Abstand am meisten gebaute Flieger im Deutschen Reich mit fast 9.000 Stück, mehr als die Hälfte aller bis 1945 gebauten Modelle.

Hier kann man gut erkennen, weshalb der Schulgleiter SG 33 „Schädelspalter“ genannt wurde. Der Holm verläuft direkt vor dem Kopf des Piloten und bei harten Landungen konnte es leicht zu Kopfverletzungen kommen.

Fritz Hütte und auch andere Drolshagener Flieger machten die A, B. und C-Prüfungen entweder in Schüren bei Meschede oder in Greven an der Ems.
Die A-Prüfung, die mit 15 Jahren abgelegt wurde, setzte 30 Schulflüge, 5 Prüfungsflüge, die Beherrschung des Geradeausfluges und die Prüfung von einwandfreien Starts und Landungen voraus.
Die B-Prüfung, ab 16 Jahren, mindestens 20 Schulflüge, 5 Prüfungsflüge, Beherrschung des Kurvenfluges und die Prüfung von einwandfreien Kurvenflügen und Ziellandungen.
Die C-Prüfung, ab 17 Jahren, Umschulung auf Übungssegelflugzeuge, mindestens 20 Schulungsflüge, 5 Prüfungsflüge und Abschlüsse wie bei der B-Prüfung.


Aufgebauter SG 33 mitten in der Stadt
(Stadtarchiv Drolshagen, Fotosammlung Felix Stahlhacke)

Alle Mitglieder des NSFK wurden automatisch von den Wehrmeldeämtern erfasst und von den NFSK-Ausbildern nach dort mit einer fliegerischen Beurteilung ergänzt. Wie sich leicht denken lässt, wurden die meisten der zig-Tausend jungen Männer in den Dienst bei der Deutschen Luftwaffe einberufen. So auch Theo Hütte, der im Zuge seiner militärischen Ausbildung als Navigator, derzeit Beobachter genannt, zum Einsatz kam.

Mitglieder waren, soweit zu erfahren:

Tonis Lütticke, Drolshagen
Theo Schürholz, Drolshagen
Emil Möthe, Siebringhausen
Otto Schürholz, Drolshagen
Helmut Rölle, Olpe, gt. Kiki
Fritz Hütte, Drolshagen
Heinz Gante, Olpe
Heinrich Lüttike, Drolshagen
Josef Wilmes, Drolshagen, gt. Bübchen

Mit Beginn des Krieges wurden nach und nach alle jungen Flieger eingezogen, bis in den 1943er Jahren die Fliegerhall leer stand und sie einer anderen Nutzung zugeführt wurde. Damit endete auch die nur sieben Jahre währende Existenz des Flugsportvereins Olpe mit dem Fliegerheim in Drolshagen.