Der Segelflug nahm in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg richtig Fahrt auf. Gemäß Versailler Friedensvertrag war es Deutschland untersagt Motorflugzeuge zu bauen. Es gab jedoch eine große Anzahl Flugbegeisterte. Besonders auf der Wasserkuppe in der Rhön trafen sich Enthusiasten, Forscher und Tüftler.
Der Berliner Alexander Lippisch erforschte die Aerodynamik sehr genau und hatte sich bereits einen Namen gemacht als Konstrukteur, als ihn der Hagener Unternehmer Steinmann 1923 engagierte um Segelflugzeuge zu konstruieren und zu bauen. Der Hersteller von Motorradketten wollte sich ein zweites Standbein aufbauen und lockte Lippisch ins Sauerland und ließ diesem ziemlich freie Hand. Lippisch ging mit einem „Getreuen“ im Sauerland auf die Suche nach Flugbedingungen, die denen auf der Wasserkuppe ähnlich waren. In Winterberg wurde man fündig. Dort „Auf dem Dumel“ errichtete man eine Flugzeughalle mit Konstruktionsbüro und Werkstatt. Teilweise wurde auch in der Werkstatt von Friedrich Schmitt in Winterberg gebaut. In Winterberg entstanden mehrere Segelflugzeuge. Die Zeitschrift „Flugsport“ von Segelflugpionier Oskar Ursinus berichtete 1925 über diese Fluggeräte. Hier der rekonstruierte Bericht über die Steinmann-Flugzeuge


Nicht bekannt war bisher, dass 1924 in Winterberg eine Flugsportgruppe entstanden ist.
Am 21.10.1924 berichtete die Mettmanner Zeitung darüber:
„𝐖𝐢𝐧𝐭𝐞𝐫𝐛𝐞𝐫𝐠𝐞𝐫 𝐒𝐞𝐠𝐞𝐥𝐟𝐥ü𝐠𝐞 𝐮𝐧𝐝 𝐍𝐢𝐞𝐝𝐞𝐫𝐫𝐡𝐞𝐢𝐧𝐢𝐬𝐜𝐡𝐞𝐫 𝐕𝐞𝐫𝐞𝐢𝐧 𝐟ü𝐫 𝐋𝐮𝐟𝐭𝐬𝐜𝐡𝐢𝐟𝐟𝐟𝐚𝐡𝐫𝐭.
Am vergangenen Samstag und Sonntag machte der Niederrheinische Verein für Luftschifffahrt, Sektion Wuppertal, seinen zweiten Ausflug nach Winterberg. Annähernd 30 Damen und Herren, darunter die Mehrzahl aus Elberfeld und Barmen, aber auch Mülheim-Ruhr, Dillenburg und Berlin waren der Einladung gefolgt, um die Neugründung der Winterberger Ortsgruppe mitzumachen. Nachdem am Samstagnachmittag im Kino=Theater in Winterberg ein Lichtbildervortrag und vor allem die Vorführung des von der Sektion angekauften, dreiaktigen, sehr schönen und interessanten Rhönfilms, der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt den Boden vorbereitet hatte, erfolgte am Abend im Hotel Leiße unter dem Ehrenvorsitz des Herrn Bürgermeisters Müller, Winterberg, die Gründung der Ortsgruppe, der sofort über 20 Mitglieder beitraten. Es war besonders erfreulich, daß neben älteren Förderern der Luftfahrt etwa ein Dutzend jüngerer luftfahrtbegeisterter Mitglieder einsprang, für welche zum ersten Male der Gedanke eines Abarbeitens des Jahresbeitrages durch praktische Mitarbeit beim Flugzeugbau erwogen wurde. Dieser Weg lässt sich wahrscheinlich auch in anderen Städten beschreiten, um der tatkräftig mithelfenden Jugend die Aufbringung des Mitgliederbeitrages von M 20.— zu ermöglichen. Die Sektion ist glücklich, in der Person des Herrn Sparkassenrendanten Berghoff, Winterberg, einen hochgeachteten und tatkräftigen Vorsitzenden der neuen Ortsgruppe gewonnen zu haben. Ein geselliger Abend, an dem ca. 60 Damen und Herren teilnahmen, stellte bei Spiel und Tanz auch bald den gesellschaftlichen Konnex her und hielt die Teilnehmer bis in die frühen Morgenstunden zusammen. Bereits am Nachmittag hatte das schöne, leider aber beinahe windstille Wetter es den Herren Steinmann und Lippisch aus Hagen ermöglicht. einige kurze Sprünge mit ihrer kleinen Schulmaschine „Baby“ den Mitgliedern vorzuführen. Viel bewundert wurde bei dieser Gelegenheit auch die praktische und schöne Flugzeugbauhalle. die Herr Steinmann aus Hagen (im Zivilberuf Fabrikant der bekannten Steinmannketten) auf dem Dumel errichtet hat. 3 Flugzeuge verschiedener Konstruktion des Herrn Lippisch stehen zu Schul- und Uebungsflügen bei den verschiedensten Windstärken zur Verfügung. Von den vorzüglichen Flugeigenschaften des „Babys“ konnten wir uns dann am Sonntagmorgen, als der Wind aus Süden aufgefrischt hatte, am Südhange des Schulenbergs überzeugen. In wundervoll ruhigen und gleichmäßigen Fluge steuerten nicht nur der alte, bewährte Pilot Lippisch, sondern auch sein viel versprechender Schüler, Herr Steinmann selbst, das leichte, elegante Flugzeug zu schönen und langen Flügen, deren Dauer nur durch die leider auch dort hinderlichen Telegraphendrähte der Eisenbahn begrenzt wurden. Besonders bemerkenswert erschienen die überaus sauberen Landungen. Mit herzlichem Dank lohnten die Sektionsmitglieder den beiden Fliegern ihre in mutiger Pionierarbeit errungenen Erfolge. Sehr wertvoll ist der Sektion die Zusage Herrn Steinmanns, für die Ortsgruppe Winterberg einen Schulapparat zum Selbstkostenpreis herstellen zu wollen. Eine in der Samstag-Versammlung vorgenommene Sammlung ergab in wenigen Minuten die benötigten zirka 1000 M und sichern so der Ortsgruppe Winterberg baldige praktische Mitarbeit. Wahrscheinlich wird die Sektion auch die durch die Feuchtigkeit nötig gewordene Reparatur ihres Schulflugzeugs „Schlagel und Eisen“ in der Flugzeugwerft auf dem Dumel durch Herrn Steinmann vornehmen lassen, der auch hierfür weitgehendstes Entgegenkommen versprochen hat. Die Sektion ist glücklich, auf diese Weise die erste Flugzeugwerft im Westen nach Kräften mit unterstützen zu können. Nachdem zu Sonntagmittag ein vorzügliches Mittagessen im Waldhaus die Sektion wieder vereinigt hatte, wurde nachmittags der Kahlen Asten bestiegen und die wundervolle Aussicht sowie die dort oben auf Veranlassung des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt errichtete meteorologische Station besichtigt. Die Heimfahrt gestaltete sich dadurch, daß sie eine Hälfte des Speisewagens zum gemeinsamen Abendessen von Bestwig bis Barmen reserviert worden war, äußerst genußreich und ergab einen schönen Ausklang der Tour, die auf dem Wege zur praktischen Betätigung der Sektion im Segelfluge hier im Westen ein gutes Stück vorangebracht haben wird.
Glück ab! Sulpiz Traine“
Leider ging die Firma Steinmann als Folge der Weltwirtschaftskrise 1925 pleite. Alexander Lippisch wurde von Oskar Ursinus zur Wasserkuppe geholt. Die Autobiografie von Alexander Lippisch „Erinnerungen“ widmet der Winterberger Zeit ein eigenes Kapitel.
Der Segelflug in Winterberg fiel in einen Dornröschenschlaf aus dem er erst nach dem zweiten Weltkrieg wieder erwachte.
Die Winterberger gründeten nach dem Kriege den Aero-Club Kahler-Asten. Mit einem doppelsitzigen Schulflugzeug Gö4 und einer doppelsitzigen Ka2b stand ein ordentlicher Flugzeugpark zur Verfügung. Geschleppt wurde mit einer Winde. Das Fluggelände befand sich im Bereich des heutigen Gewerbegebiet Remmeswiese.
Vorsitzender über viele Jahre war Walter Bröker aus Winterberg.
In der folgenden Galerie finden sich zahlreiche Bilder aus der Winterberger Zeit.
Im Jahre 1961 schlossen sich die Mitglieder des „Aero-Club Kahler Asten e.V.“ der Fluggemeinschaft Rennefeld an.